4. Adventwoche
4. Adventwoche

1. Dezember

Der Falke von St. Martin

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Es war Freitag frühabends Anfang August, als das Regieteam des Sommertheaters an der Nordseite des gotischen Chores unserer Kirche unter Beobachtung der Wettersituation beratschlagte, ob die abendliche Aufführung des „Sommernachtstraums“ im Freien gewagt werden könnte oder in den Martinskeller ausgewichen werden muss, als man leises Vogelgeschrei vernahm. Zur Überraschung aller kam dieses aber nicht aus den Lüften, sondern aus einem nahe gelegenen Regenwassereinlaufschacht, in den auch eine Dachrinne vom Kirchendach mündet.
Nach dem Hochheben des massiven Einlaufgitters konnte man einen mittelgroßen Vogel auf dem Rohrstutzen des Ablaufs aus dem Schacht erkennen. Da ein Herausholen des Tieres unmittelbar nicht möglich schien, wurde der Einlaufdeckel in der Hoffnung offen gelassen, dass das Tier sich nun selbst befreien kann. Dies war jedoch nicht der Fall, und so wurde am Morgen darauf die Feuerwehr verständigt, die mit einem Team von Tierrettern anrückte. Der „kleine“ Vogel entpuppte sich als junger Turmfalke, der offensichtlich bei seinen ersten Versuchen, die Freiheit des Fliegens zu erobern, in die Dachrinne gefallen und dort dann im Regenabfallrohr nach unten gerutscht sein dürfte. Er wurde auf der alten Friedhofsmauer an der Böschung zur Bahn platziert und hatte sich nach einer Erholungsphase, nun offensichtlich erfolgreich, dem Flugvergnügen hingegeben.
Inzwischen sind Monate vergangen. Die Vorstellungen des Sommertheaters sind längst zu Ende, ebenso die Orgelkonzerte, die in der Ferienzeit jeden Samstag stattfanden, wie auch das Startfest zu Beginn des neuen Schul- und Arbeitsjahres im September. Das Erntedankfest und der Laternenumzug zu Martini sind ebenfalls schon vorbei. Der Weihnachtsmarkt in St. Martin hat nun geöffnet, und viele Kinder nutzten am ersten Adventwochenende wieder das Angebot, in der Pfarre weihnachtliche Bastelarbeiten zu machen, Adventkränze zu binden, Kekse zu backen, zu verzieren und zu verkosten.
Man kann wirklich nicht sagen, dass in St. Martin nichts los ist. Nur unser kleiner gefiederter Freund ward leider nicht mehr gesehen. Schade, dass man ihn nicht dabei beobachten kann, wie er hoch oben um den Kirchturm seine Kreise zieht. Aber es ist doch nett zu wissen, dass es ihn gibt und er da ist, der Falke von St. Martin.

Fritz Schwarz-Herda

Der Falke von St. Martin

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