4. Adventwoche
4. Adventwoche

19. Dezember

von lebenden Krippen und nur allzu menschlichen Bedürfnissen - Weihnachten in Katalonien

Krippe übersicht
krippe im Detail

Fremde Länder – fremde Bräuche! Das betrifft natürlich auch das Weihnachtsfest. Obwohl im überwiegend katholischen Katalonien natürlich das Gleiche gefeiert wird wie hier bei uns, geschieht das doch auf eine etwas andere Art und Weise. Ein ganz besonders netter Brauch ist die (lebende) Krippendarstellung. Die Krippendarstellungen an sich sind in Katalonien ein sehr wichtiger Bestandteil der Weihnachtszeit: An vielen öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Gebäuden und natürlich in allen Kirchen finden sich teilweise riesige Krippen, in denen ganze Landschaften, Dörfer und Städte mit sehr viel Liebe zum Detail dargestellt werden. I

Weihnachtsmarkt

m Laufe des Advent verändern sich diese Krippen ständig – so ist zu Beginn der Stall noch leer (lediglich seine Bewohner Ochs und Esel sind schon da) und man kann Maria auf einem Esel reitend, begleitet von Josef zum Stall hinziehen sehen. In einer Ecke leuchtet bereits der Morgenstern und man kann die Heiligen Drei Könige entdecken, wie sie sich auf den Weg machen. Je näher der Heilige Abend rückt, umso näher rücken auch Maria und Josef an den Stall heran, auch die Könige bewegen sich fort und werden laufend ein Stückchen verstellt. Natürlich wird auch das Jesuskindlein erst in der Heiligen Nacht in die Krippe hineingelegt. Die Könige erreichen den Stall dann am 6. Januar.
Auch in vielen Privatwohnungen finden sich so tolle Krippen, an denen über Generationen und Jahre hinweg liebevoll gebastelt wird. Jedes Jahr wird etwas hinzugefügt, was man auf den katalonischen Adventmärkten kaufen kann. Im Gegensatz zu den Christkindlmärkten bei uns, sieht man weniger Punschstände, sondern vielmehr einen Krippenzubehörstand neben dem anderen. Unter einer Vielzahl verschiedenster Figuren in allen möglichen Größen und aus verschiedensten Werkstoffen finden sich auch winzige Brunnen und Quellen, die man mit echtem Wasser und Plätschergeräuschen zum Leben erwecken kann, kleine leuchtende Feuerstellen

oder sogar echte Kuriositäten wie ein rauchender Vulkan. Der Phantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt!
Für die Katalanen ist ihre Krippe sogar wichtiger als der Weihnachtsbaum, der eine eher untergeordnete Rolle im Vergleich mit der Krippendarstellung einnimmt.
Eine kuriose Figur, die in keiner Krippe fehlen darf, ist der „Caganer“ (sprich Kagané) – ein kleines Männchen, das mit heruntergelassener Hose sein großes Geschäft erledigt und meist dezent in einer hinteren Ecke der Krippe (aber bitte schon sichtbar!) aufgestellt wird. So skurril das für uns erscheinen mag, für die Katalanen gibt es da nichts zu lachen! Für sie ist es klar, dass dort, wo viele Menschen sind, auch einmal jemand ist, der mal "muss"… und wenn das nun auf dem Feld in der Nähe eines Stalls der Fall ist, wo soll er denn dann hin? Die Tradition ist jedenfalls schon einige hundert Jahre alt – der „Kacker“ (wörtliche Übersetzung von Caganer) düngt den Boden und garantiert so reiche Ernte für das kommende Jahr. Fehlt er in der Krippe, so bringt das Unglück.

andere Caganer

Mittlerweile ist aus dem Caganer ein riesiger Geschäftszweig geworden. Etliche Prominente, Politiker, Fußballer, ja sogar Angela Merkel oder die Queen kann man mit heruntergelassener Hose in Hockerlstellung kaufen, wenn man möchte. Einer der meistverkauften Caganers in Katalonien ist übrigens Lionel Messi.
Die Krippendarstellungen sind aber beileibe nicht nur statisch! In Katalonien gibt es viele Vereine, die während der Weihnachtszeit die sogenannten "Pessebres vivents", also lebenden Krippen, bilden. Sie spielen bei Volksfesten oder auch während der Heiligen Messe die Geschichte rund um Christi Geburt nach – auch lebende Babys, Ochsen und Esel dürfen nicht fehlen. Es ist für alle Eltern eine große Ehre, wenn das eigene Baby für die Darstellung des kleinen Jesuskindleins ausgewählt wird. Die Vorstellungen der lebenden Krippen haben Festcharakter und werden begleitet von viel Musik, Freude und natürlich auch kulinarischen Genüssen.

Aufgekocht wird auch in Katalonien zur Weihnachtszeit besonders gut und viel – und in der Regel auch mehr, als man essen kann. Weggeworfen wird allerdings nichts: Spätestens am Stefanitag (San Esteban) werden die Restln zu einem besonders schmackhaften Gericht, den Canelones, verkocht.
—> CANELONES – RESTEVERWERTUNG MIT GESCHMACK

Die Dömötörs

Angelika Rütgen-Dömötör verbrachte mit ihrer Familie ein Jahr in Barcelona.
Über dieses Auslandsjahr hat sie einen Blog geführt: www.diedoemoetoer5.net/blog

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