Es war in den frühen 70er Jahren, als es im Winter noch wirklich kalt und nur im Sommer richtig heiß war. Mein Vater war Jagdaufseher für ein ziemlich großes Gebiet in den Marchauen.
Der Schnee lag über einen Meter hoch, und natürlich konnten wir unseren Traktor, wie üblich bei weit unter 10 Grad minus nicht starten. Also musste unser Fritzl, ein Haflinger-Mischling, aus dem Stall geholt werden. Brav und geduldig, wie es seine Art war, ließ er sich vor den aus meiner kindlichen Betrachtung über 100 Jahre alten Schlitten spannen. Das Kummet und das Zaumzeug waren natürlich hart und steif durch die Kälte, denn auch im Schuppen, wo wir die Pferdeutensilien aufbewahrten, war es nicht kuschelig warm. Allein das Vorspannen des Pferdes war eine sehr harte Arbeit. Endlich hatten wir es geschafft – natürlich unter Anwendung diverser nicht sehr netter wortgewaltiger Aussprüche –, unseren Fritzl vor den Schlitten zu spannen. Dann ging es in Richtung Scheune, um Heu (Trockenfutter für die Tiere des Waldes) auf den Schlitten zu laden.
Mühsam war dann der Weg über die von Schnee ver- und teilweise zugewehten Feldwege. Eigentlich gingen mein Vater und ich den größten Teil des Weges (zirka 2 km) bei über einem Meter Schnee neben dem Schlitten her und schoben und zogen, um dem schweißnassen, vor Anstrengung dampfenden und schnaubenden Fritzl zu helfen.
Endlich im Wald angekommen, entluden wir an den verschiedenen Futterplätzen die schwere Last und konnten durchs Geäst schon die Tiere sehen, die nur darauf warteten, bis wir uns wieder entfernten. Wenn wir zu lange auf einem Platz stehenblieben, drohten die Kufen des Schlittens festzufrieren, denn durch die Reibung und das Gewicht bildete sich eine dünne Wasserschicht, die natürlich bei diesen extremen Temperaturen innerhalb von Minuten fror! Also wieder mit vereinten Kräften schieben, ziehen, rütteln und auf die Kufen hintreten bis sich, endlich, mit einem Ruck der Schlitten wieder in Bewegung setzte.
Der Rückweg war dann wesentlich einfacher. Wir legten unserem Fritzl eine alte Pferdedecke über den Rücken und rutschten wieder in Richtung Bauernhof. Da zog mein Vater plötzlich und unvermittelt an den Zügeln: „Brrrrr, haben wir denn nicht noch was vergessen? Erschrocken starrte ich ihn mit offenem Mund an! Was ich natürlich sofort bereute, da die eiskalte Luft im Hals brannte.
„Na, wollten wir denn nicht einen Christbaum mitnehmen?“ Ja genau! Also sprang ich vom Schlitten, schnappte mir das kleine Beil (Hackl genannt) und fand in unmittelbarer Nähe eine wunderschöne Fichte.
„Den hast du gut ausgesucht. Dieses Bäumchen kannst du mitnehmen!“ Es war der schönste Weihnachtsbaum meiner Kindheit!
Wilfried Adamowitsch
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