Der St. Martin Online-Adventkalender bat den Heiligen Nikolaus anlässlich seines heutigen Gedenktags zu einem ausführlichen Interview. Das Gespräch wurde wegen der Covid-19-Pandemie vor ein paar Tagen telefonisch geführt.
Annette Fritsch-Langer
Grüß Gott, Heiliger Nikolaus, es freut mich, dass es mit unserem Interview nun doch noch geklappt hat.
Auch wenn wir uns dabei leider nicht sehen, sondern nur hören können.
Heiliger Nikolaus: Die Freude ist ganz meinerseits. Aber ich möchte betonen, ich hätte auch per Skype oder Teams mit Ihnen kommunizieren können.
Jetzt machen wir das aber so.
Die Stichworte „Skype“ und „Teams“ geben mir einen guten Einstieg in unser Gespräch.
Wie geht es Ihnen denn beruflich mit den aktuellen Einschränkungen wie dem Veranstaltungsverbot,
den eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten, den geschlossenen Geschäften.
Nun, der in zahlreichen Ländern weltweit verordnete Lockdown unterschiedlichen Ausmaßes erschwert mir meine Aufgabe, die Menschen zu besuchen und ihnen mit einer wohlwollenden, gut recherchierten Rezitation aus meinem Goldenen Buch und kleinen Präsenten eine Freude zu bereiten, schon erheblich.
Sie sprachen gerade von Menschen im Allgemeinen, meinten sie damit nicht eher Kinder und deren Familien.
Die Kinder und deren Eltern sind und waren selbstverständlich immer ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit, aber ich statte auch regelmäßig anderen Bevölkerungsgruppen Besuche ab wie etwa Seniorenrunden, Firmenabteilungen, Feuerwehrgruppen und vielen anderen.
Und die freuen sich, wenn Sie kommen?
Ich bin immer wieder erstaunt über die Begeisterung, gerade auch der Erwachsenen. Komme ich irgendwo zur Tür herein, wird es still im Raum, geradezu ehrfurchtsvoll still.
Entschuldigen Sie bitte, aber kommt diese Ehrfurcht wie sie das nennen, nicht daher, dass immer noch alle vor Ihnen und Ihrem berühmt-berüchtigten goldenen Buch Angst haben.
Also, da muss ich aufs das heftigste widersprechen. Den Ruf, ich sei ein strenger Mann, dem ein Tadel leichter über die Lippen komme als ein Lob, den haben mir Personen angedichtet, die mit ihren, eher sogar mit allen Kinder nicht zurechtgekommen. Sie haben mich instrumentalisiert und mich zu einem Repräsentanten ihrer autoritären, auf Rügen, Tadel und Strafen aufgebauten Erziehung gemacht.
Mich, der ich mein Vermögen an die Armen verschenkt habe. Der ich Zeit meines Lebens in unterschiedlicher Weise Bedürftige unterstützt habe – ich möchte hier exemplarisch nur meine Goldklumpenspende an die drei armen Jungfrauen erwähnen – und der ich mich auch immer für zu Unrecht verfolgte, bestrafte oder behandelte Personen eingesetzt habe.
Aber Gott sei Dank hat sich dieses Bild des strengen bösen Nikolaus nicht durchgesetzt. Die Menschen, die ich vorhin erwähnt habe, sind wirklich erfreut mich zu sehen. Sie wissen, dass ich, wie es so schön heißt, „einer von den Guten bin“.
Freilich muss ich konstatieren: helfen tun mir dabei auch die unzähligen Männer und seit einiger Zeit erfreulicherweise auch die vielen Frauen, die in meinem Namen rund um meinem Festtag anderen Menschen einen Besuch abstatten und dabei mit Lob und Anerkennung nicht geizen. Und wenn sie mal ein bisschen tadeln, dann immer nur sachbezogen und nie persönlich verletzend. Wie es sich eben für einen echten Hl. Nikolaus gehört.
Sie erwähnten gerade, dass ihnen bei ihrer Tätigkeit viele Männer und Frauen helfen.
Machen Sie gar nicht alles selbst? Gibt es dann wenigstens Kriterien, nach denen diese Personen ausgewählt werden?
Es gibt fast acht Milliarden Menschen auf der Erde. Diese kann ich natürlich nicht alle selbst besuchen. Selbst wenn ich mich nur auf diejenigen christlichen Glaubens beschränken würde, was mir zu tiefst missfiele, wären es noch knapp 2,3 Milliarden. Das ließe sich nicht einmal bewerkstelligen, wenn ich das ganze Jahr über „on Tour“ wäre.
Daher habe ich schon lange Hilfe – aber fein, dass es nicht so bemerkt wird.
Und zu Ihrer Frage, ob es „dann wenigstens Kriterien gibt“, kann ich nur anmerken, natürlich gibt es die, und zwar: Liebe, Liebe und nochmals Liebe. Liebe zu den Kindern und den Erwachsenen; Liebe und Freude an dem, was diese Personen so tun und wie oder was sie sind; Liebe dazu, anderen eine Freude zu bereiten und sich für sie Zeit zu nehmen… Und das Gute daran ist, das kann geübt werden. Je länger und je öfter es gemacht wird, umso leichter geht von der Hand und gelingt immer besser! Deswegen fällt es ja offensichtlich kaum auf, dass ich es nicht immer selbst bin, der auf Besuch kommt.
Verstehe ich das richtig? Sie lassen sich immer von Personen ihres Vertrauens vertreten?
Weit gefehlt; ich behalte mir es mir vor, jede Saison einige Termine höchstpersönlich wahrzunehmen – auch um den Kontakt zu den Menschen nicht zu verlieren, und um am Puls der Zeit zu bleiben.
Wie kommt man in den Genuss so eines persönlichen Besuches? Ich kann mich nicht erinnern, dass sie selbst einmal bei uns gewesen wären. Vermutlich geht das, wie überall, nur mit guten Kontakten und mit viel Vitamin B. Also, wenn man etwa den Pfarrer Leopold gut kennt, die eigenen Kinder jeden Sonntag besonders brav ministrieren, man grad viel gespendet hat oder sich viel um andere kümmert.
Wo denken sie hin: so etwas gibt es bei mir überhaupt nicht! Ich schaue mir jedes Jahr an, wer aller den Besuch des Nikolaus wünscht und dann lasse ich das Los entscheiden, wer von mir besucht wird.
Außerdem, sind Sie sich wirklich sicher, dass ich früher noch nie bei Ihnen persönlich war?
Kommen wir jetzt besser noch einmal auf den eigentlichen Anlass diese Interviews zurück.
Wie gestaltet sich heuer für Sie die Zeit um den 6. Dezember?
Wie können Sie die Menschen besuchen und ihnen kleine Geschenke bringen?
Nun da gibt es für mich immer doch noch verschiedene Möglichkeiten:
Die einfachste und von mir schon immer praktizierte Form ist das Befüllen von Stiefeln oder ähnlichem während der Nacht. Da dies meine Arbeit ist, gilt für mich auch die nächtliche Ausgangssperre nicht. Ja ich gehe sogar davon aus, dass dies für mich heuer sogar leichter zu bewerkstelligen sein wird, denn es werden weniger Leute nachts unterwegs sein.
Weiters lässt sich ein Jutesack mit Geschenken gut vor der Haustür oder im Garten deponieren.
Manchmal kann ich die guten Wünsche und Präsente für die Kinder auch Eltern oder Großeltern mitgeben, die ich zufällig unterwegs treffe.
Und natürlich gibt es auch oder besonders heuer die Möglichkeit, dass jemand aus dem gemeinsamen Haushalt meine Rolle übernimmt, und dabei schadet es gar nicht, wenn allen klar ist, „wer der Nikolo ist“. Im Gegenteil: die von mir erwähnte Liebe zu den anderen und dazu, diesen eine Freude zu machen, wird darin gut sichtbar.
Sie sehen, trotz der Erschwernisse durch die Corona-Pandemie ist ein gutes Nikolofest möglich.
Falls Sie etwas dazu tun möchten: Was halten Sie davon, dass auch Sie selbst meine Rolle übernehmen.
Stellen Sie ihrem Nachbarn, ihrer Freundin, einen „Gruß vom Nikolo“ als kleine Aufmerksamkeit und Zeichen der Verbundenheit vor die Haus- oder Wohnungstür. So kann Social Distancing gar nicht erst aufkommen.
Vielleicht wird daraus ein neuer Brauch, der auch nach Corona weiterlebt.
Und gestatten Sie mir als einem fast 1700 Jahre alten Heiligen abschließend folgende wortspielerische Bemerkung: Die Bemühungen der Menschen um ein gutes distanziertes Miteinander sind in der Coronazeit durchaus von Erfolg gekrönt.
Ein passenderes Schlusswort für dieses Gespräch lässt sich wohl kaum finden.
Danke für Ihre Zeit und danke für die Freude, die Sie uns allen jedes Jahr aufs Neue bescheren.
…was Sie vom Weihnachtsmann halten?
Nun, der Weihnachtsmann geht ja in sehr vielem auf mich und auf die Erzählungen über mich zurück. So wie ich möchte er die Kinder beschenken. Er tut das in vielen Ländern an Weihnachten, während ich schon am 6. Dezember unterwegs bin. Schade ist nur, dass ich, statt mit Bischofsstab und Bischofsmütze, so oft mit seinem roten Kapuzenmantel und seinem langen Rauschebart dargestellt werde. Verwechslungen sind damit dann natürlich vorprogrammiert.
…ob es Sie stört, vom Krampus begleitet zu werden?
Nein, denn der Krampus ist nicht wirklich böse. Er schaut zwar ein bisschen gruselig und schaurig aus und sein Benehmen ist nicht immer das feinste. Aber das ist nur Show, um die Leute zu erschrecken. Vielleicht zeigt er ihnen damit sogar, dass sie selbst manchmal ebenso garstig sind.
Außerdem ist er, wenn ich unterwegs bin, ein guter Bodyguard.
…was ein gutes Geschenk ausmacht?
Es darf nicht zu groß und zu schwer sein, sonst kann ich es nicht tragen. :-) Spaß beiseite.
Das ist schwer zu sagen: aber ich denke, wenn es mit Liebe, Bedacht und mit Blick auf den oder die Beschenkte ausgesucht wird, kann es eigentlich nie wirklich schlecht sein. Selbst wenn es beim Gegenüber möglicherweise falsch „ankommt“.
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